Mein blauer Freitag

Blaudruck Jever Blaudruck Jever

Kürzlich habe ich mich mal wieder mit einem Besuch einer traditionellen Werkstatt beschenkt.
Ich war in der Gegend von Jever und hatte recherchiert, ob ich wohl ein interessantes und oder altes Handwerk zum Fotografieren finden könnte. So habe ich die Manufaktur „Blaudruck Jever“ gefunden. Erst vor ein paar Jahren hat Deutschlands jüngste Blaudruckerin Sabrina Schuhmacher den Betrieb von Georg Stark übernommen.
https://www.blaudruckerei.de/die-blaudruckerei.html

 

In einer kleinen Gasse in Jevers Altstadt in einem alten Lagerhaus von 1822 findet man die Blaudruckerei. Der Laden ist Werkstatt, Verkaufsraum und Museum zugleich.
Man tritt ein und wird natürlich von viel und verschiedenem Blau und einer sehr freundlichen Inhaberin begrüßt.

Da ich vorher angefragt hatte, hatte Sabrina Schuhmacher extra etwas für mich vorbereitet, damit ich die Schritte des Druckens und Färbens alle sehen konnte. Vielen Dank!
Wenn ich das nächste Mal in die Gegend komme, erfrage ich noch die anderen typischen Arbeitsschritte (Küpe ansetzen und Spülen der gefärbten Tücher)
Da die einzelnen Schritte alle Sorgfalt, Genauigkeit und viel Zeit erfordern, kann man im laufenden Betrieb nicht alles an einem Tag erleben.


 

Der Blaudruck mit Indigo ist ein Verfahren, das vor ca 400 Jahren aus Indien nach Europa gekommen ist. Vorher hat man nur mit Färberwaid blau gefärbt und dies Blau war weniger kräftig.
 

 


Indigo wird aus einer Pflanze, Indigofera tinctoria, gewonnen und kommt in solch gepressten Brocken nach Europa.
Indigo wird gemahlen und dann in der Küpe zum Färben angesetzt.

 

Gefärbt wird weißes Tuch – Baumwolle, Leinen, Seide, Hanf, Samt - und um Muster zu bekommen, wird vor dem Färben ein Teil der Fasern vor der Farbe geschützt, so dass dieser weiß bleibt - Druckreservage.

Im Falle der Blaudruckerei erreicht man das durch das Aufdrucken des sogenannten „Papps“. Jede Blaudruckerei hat ihre eigene Rezeptur für Papp.
Papp ist grundsätzlich eine Mischung aus Gummi Arabicum, Kaolin, Talg oder Wachs und einem Oxidationsmittel zB Kupfersulfat, - nitrat, -acetat.

Der Papp – eine grünliche dickflüssige Mischung - wird auf ein großes Stempelkissen aufgetragen und mit den Druckmodeln nimmt man die Reservage auf und druckt diese dann auf den weißen Stoff.
Der Papp muss lange gut durchtrocknen, bis man Färben kann.

 

Die Handarbeit zeige ich gerne wieder zeitlos in Schwarzweiß, wie gewohnt ;-)

 

Das Drucken erfordert sehr genaues Arbeiten – die Model müssen ja mehrmals hintereinander aufgesetzt werden. Um dies zu erleichtern, haben einige Model Rapportstifte. Manche Model haben dies nicht und sind daher viel schwieriger zu benutzen.

Der überschüssige Papp wird wieder zusammengekratzt und für den nächsten Druck aufbewahrt.
Die mit Papp bedruckten Stoffe hängen mehrere Tage bis Wochen - je nach Größe der Pappmuster auf dem Trockenreck bis der Papp ganz durchgetrocknet ist.

Die Druck-Model sind der große Schatz einer Blaudruckerei.
Der vorige Inhaber der Blaudruckerei, Georg Stark, hat auf Reisen immer wieder verschiedene Model erworben und so hat Blaudruck Jever eine Vielzahl verschiedener Model aus verschiedenen Epochen – die natürlich gar nicht alle in den Laden passen.

Das bevorzugte Holz für die Formstecherei ist Birnbaumholz. Es ist hart genug und lässt sich gut bearbeiten und erträgt es gut, feucht zu werden. So gibt es also geschnitzte Model und es gibt Model mit eingebrachten Metallstäben oder Metallformstücken – insbesondere, wenn die gewünschte Struktur zu fein ist um sie zu schnitzen wird Metall eingesetzt. Oft gibt es auch Kombinationen.

Den Mustern sieht man die Epochen an. Erst war es eine teure Farbe und Technik und daher wollten, die, die es sich leisten konnten, es mit opulenten Mustern betonen (Barock zB); mit dem Biedermeier wurde es dann bürgerlich und es gab bescheidenere Muster.
Natürlich gab es auch religiöse Motivbilder.
Spannend fand ich ein scheinbar ganz modernes Muster – was ein Motiv aus der Zeit des „Bauhaus“ ist (1920er Jahre)

Für die Färbung wird die Küpe angesetzt, Indigo mit einem Reduktionsmittel (in dieser Blaudruckerei Eisensulfat) in großen steinernen Bottichen. Von den Bottichen sieht man nur ca 1 Meter – unter der Erde sind noch weitere 3 Meter (sonst könnte man ja die langen großen Stoffstücke nicht in einem gerade tauchen und färben).


Die Blaue Farbe variiert je nach Stoff und nach Dauer des Färbens. Man kann auch mehrmals eintauchen und so das Blau intensivieren oder mit zweitem Druck verschiedene Blautöne in einem Stoff erreichen.

Das zu färbende Tuch wird am Sternkranz über dem Bottich aufgespannt und mit kleinen Gewichten beschwert, damit es gerade und plan im Färbebad hängt und hinterher auch wieder gerade und plan über dem Bottich hängt und tropft und trocknet. Dann wird der Kranz mit der Kurbel in die Küpe hinabgelassen.

Beim Eintauchen des Tuches sieht man erstmal eine orange Einfärbung des Stoffes.

Wenn das Tuch aus dem Bottich herausgehoben wird, setzt sofort die Oxidation an der Luft ein und man kann zusehen, wie sich das Tuch immer blauer färbt.

Ist die Färbung fertig und das Tuch durchgetrocknet, wird der Papp ausgewaschen und die reinweißen Muster sind klar erkennbar.

 

Ich hatte eine wunderbare blaue Stunde im Kattrepel in Jever – vielen Dank!

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